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Ausgabe 05 | 2018 | 2. Jg.
Connecting
Learning to Go
MINE – Mobile learning in higher education
J
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Thomas Peterseil entwickelt mit internationalen Partnern Möglichkeiten für ein zeit- und
ortsunabhängiges Lehren und Lernen.
Mobile Technologien gehören in der
heutigen Zeit zu einem fixen Bestand-
teil unseres alltäglichen Lebens. In
allen Altersgruppen sind diese digi-
talen Helferlein zu einem wichtigen
Gebrauchsgegenstand
geworden.
Die Vielfalt der Anwendungen wird
immer umfangreicher. Wurden früher
Mobiltelefone fast ausschließlich zur
Sprachtelefonie verwendet, sind in
heutiger Zeit immer mehr datenba-
sierende Dienste im Einsatz. Grund-
sätzlich werden mobile Technologien
primär für zwei Bereiche genutzt, die
eine zentrale Rolle in unserem Leben
spielen: für die Kommunikation und
das Abrufen von Informationen. Diese
zwei Bereiche sind aber auch für das
Lernen eine wichtige Grundlage, da
ohne Kommunikation und Informa-
tion Lernprozesse nicht möglich sind.
Mobile Geräte sind in der persönlichen
Lernumgebung vieler Menschen ein
wichtiger Bestandteil. Viele Dienste
des Internets bieten dazu eine sehr
gute Plattform, auf denen Benutzer
ihr Wissen teilen und abrufen können.
Aufgrund des technischen Fortschritts
und der immer besseren Verfügbarkeit
von Breitbandverbindungen, finden
sich auch immer mehr Videos auf die-
sen Plattformen. Zu diesen Wissens-
ressourcen gehören auch textbasierte
Feedbackmöglichkeiten, die einen Teil
des Lernprozesses darstellen.
Im Bereich des non-formalen Lernens
ist mobiles Lernen bei jungen Men-
schen bereits sehr weit verbreitet. Ubi-
quitäres Lernen, zu lernen wann und
wo man es benötigt, ist bei Jugendli-
chen ein typisches Lernszenario, das
durch mobile Geräte sehr stark geför-
dert wird.
Da stellt sich natürlich die Frage, was
mobiles Lernen überhaupt ist. Dazu
gibt es in der aktuellen Fachliteratur
ein breites Spektrum an Definitionen,
deren Schwerpunkte und Perspekti-
ven aus unterschiedlichsten Bereichen
kommen. Mobiles Lernen steht auch
im Spannungsfeld, dass es einerseits
die Ortsunabhängigkeit ermöglicht
und es somit keine Relevanz hat, wo
die Person sich geographisch befindet,
andererseits gibt es auch den Ansatz,
dass mobiles Lernen sehr stark mit
dem Lernort verknüpft ist. Ein Bei-
spiel dazu wäre die Verwendung von
QR-Codes an historischen Orten,
wodurch Fachwissen mit der Lernum-
gebung verknüpft wird.
Im Bereich des formalen Lernens
an tertiären Bildungseinrichtungen
werden diese Chancen noch kaum
genutzt. Das liegt daran, dass es im
Bereich der Hochschuldidaktik sehr
wenig Innovation gibt, zusätzlich steht
oftmals auch das Wissen und nicht
dessen didaktische Vermittlung im
Vordergrund.
Aufgrund dieser Ausgangslage hat
die Pädagogische Hochschule im Jahr
2016 bei der Erasmus+ Nationalagen-
tur eine strategische Partnerschaft
gemeinsam mit vier weiteren europä-
ischen Universitäten beantragt. Nach
einer intensiven Evaluierung wurde
dieser Antrag von der Nationalagen-
tur genehmigt. Ziel des dreijährigen
MINE Projekts ist es, mobiles Lernen
an Hochschulen zu fördern, indem in
einem ersten Schritt möglichst uni-
versal einsetzbare Einsatzszenarien
entwickelt und implementiert wurden.
Anschließend fand eine Evaluierung
statt. Diese Lernszenarien waren die
Grundlage für die Entwicklung von
zwei Curricula, in denen Hochschul-
studierenden als auch Hochschulleh-
renden die notwendigen Kompetenzen
für den Einsatz des mobilen Lernens
vermittelt werden.
An der Pädagogischen Hochschule
OÖ wurde als Lernszenario das „live
online learning“ entwickelt und pilo-
tiert. Dabei handelt es sich um eine
Audio- und Videokonferenz in real-
time, bei der Inhalte präsentiert und
diskutiert werden. Primarstufenstu-
dierende haben im Rahmen der Lehr-
veranstaltung „Medialisierte Lernwel-
ten 1“ unterschiedliche Themen auf
diese Art erarbeitet. Wichtig dabei
war, dass nicht einfach eine Präsenta-
tion linear „abgearbeitet“ wurde, son-
dern dass die Vorteile des „live online
learnings“ auch entsprechend genutzt
wurden.
Dem Projektteam war es von Anfang
an sehr wichtig, dass es bei dem Pro-
jekt nicht um eine einfache Schulung
von diversen mobilen Tools geht, son-
dern dass beim mobilen Lernen die
Rolle des Lehrenden und des Ler-
nenden neu definiert wird. Der Ler-
nende agiert selbstständiger und akti-
ver im Lernprozess, hat aber dadurch
auch mehr Verantwortung. Der Leh-
rende wird beim mobilen Lernen zu
einem Lernbegleiter, der Lernprozesse
ermöglicht und unterstützt. Um Leh-
rende und Studierende auf diese Rol-
lenveränderung vorzubereiten, wurden
die dafür notwendigen Kompeten-
zen in den Curricula berücksichtigt.
Mobile Technologien ändern sich sehr
schnell, deshalb wurde in den Curri-
cula auch das Evaluieren und Adap-
tieren von neuen Technologien ein-
gearbeitet. Eine konstruktiv-kritische
Auseinandersetzung mit neu verfüg-
baren mobilen Technologien ist eine
wichtige Grundlage für mögliche Ein-
satzszenarien.
Im Februar 2018 gab es in Lissabon
ein zweiwöchiges Intensivprogramm
mit mehr als 30 Lehrenden und Stu-
dierenden aus den teilnehmenden
Hochschulen. Dabei wurden zum ers-
ten Mal die neu erstellten Curricula
umgesetzt. Diese intensive Zeit war
für alle Teilnehmer eine ganz beson-
dere Erfahrung, die auf vielen Ebenen
Grenzen aufgebrochen hat. Jeden Tag
gemeinsam mit internationalen Kolle-
ginnen und Kollegen in einer Fremd-
sprache kreativ zu arbeiten, stellte für
viele eine große Herausforderung
dar. Aber auch der Umgang mit den
unterschiedlichen Lernkulturen und
Kommunikationsformen war für alle
Teilnehmer/innen eine neue und sehr
bereichernde Erfahrung. Nachdem
an diesem Intensivprogramm sowohl
Lehrende als auch Studierende teilge-
nommen haben, gab es auch hier die
Möglichkeit, Grenzen zwischen den
zwei Rollen aufzubrechen.
Da das Internet ein sehr niederschwel-
liges und fast grenzenloses Medium
ist, bietet es viele Möglichkeiten, inno-
vative Wege zu gehen und Grenzen
zu überwinden. Aber auch hier zeigt
sich das Spannungsfeld, dass die Ver-
wendung technologischer Hilfsmittel
auch Grenzen erzeugen kann, da es
einerseits entsprechende Medienkom-
petenzen voraussetzt und andererseits
mobile Geräte nicht uneingeschränkt
für alle verfügbar sind.
Basierend auf den Erfahrungen vom
Intensivprogramm wurden die Cur-
ricula nochmals überarbeitet und ein
„online Kurs“ dazu entwickelt. Dieser
Kurs wird im April 2019 durchgeführt,
wobei es sich dabei nicht um einen
klassischen Onlinekurs handelt, son-
dern um ein „event based learning“.
Highlight und Abschluss wird ein 24
Stunden „mobile learning workshop“
sein, bei dem unterschiedliche Teams
aus allen Projektländern mobile Lerns-
zenarien erstellen, die anschließend
von einer Jury bewertet und ausge-
zeichnet werden.
Das ganze Event soll so durchgeführt
werden, dass es mit einfachen Mit-
teln auch für andere Fachbereiche
adaptiert werden kann. Die techni-
schen Ressourcen dafür werden sehr
bewußt ausgewählt, damit eine Teil-
nahme und eine Adaptierung für einen
anderen Fachbereich leicht möglich
ist. Zusätzlich wird dieses Event auch
entsprechend dokumentiert, um eine
möglichst gute Nachhaltigkeit und
Verfügbarkeit sicherzustellen.
Zum Abschluss der strategischen
Partnerschaft im Sommer 2019 wer-
den auch Handbücher in den Landes-
sprachen der teilnehmenden Hoch-
schulen zur Verfügung stehen. Diese
sollen gemeinsam mit den verfügbaren
Medien Lehrende und Studierende
motivieren, mobiles Lernen in der
Hochschule anzuwenden und somit
auch innovative Wege des Lernens zu
gehen.
Thomas Peterseil ist Mitarbeiter
am Institut für Internationale
Kooperationen und Studienprogramme
an der Pädagogischen Hochschule
Oberösterreich.